Vorfälligkeitsentschädigung und Vorfälligkeitszinsen

Von Bernd V.

Letzte Aktualisierung am: 23. Januar 2024

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Kündigt oder ein Verbraucher sein Darlehen oder seinen Kredit vorzeitig, dann berechnet die kreditgebende Bank ihm dafür die sogenannten Vorfälligkeitszinsen, die die Vorfälligkeitsentschädigung ausmachen. Diese sind oftmals drastisch hoch und für jeden Darlehens- oder Kreditnehmer höchst ärgerlich. Daher finden Sie hier wertvolle Tipps, wie Sie die Vorfälligkeitszinsen umgehen und berechnen können.

Kurz & knapp: Informationen zu Vorfälligkeitszinsen für Schnellleser

Was sind die Vorfälligkeitszinsen?

Bei der Begleichung der Restschuld verlangen die Banken meistens nicht nur den Restbetrag vom Kredit, sondern auch jene Zinsen, die ihr durch die vorzeitige Vertragsauflösung nun entgehen würden: die Vorfälligkeitszinsen.

Wie komme ich um die Vorfälligkeitszinsen herum?

Die Vorfälligkeitszinsen lassen sich umgehen, wenn der Vertrag eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung enthält oder wenn zehn Jahre seit der vollständigen Auszahlung der Kreditsumme vergangen sind. In letzterem Fall haben Sie laut § 489 des Bürgerlichen Gesetzbuches ein Sonderkündigungsrecht.

Wann gilt die Widerrufsbelehrung als fehlerhaft?

Nach dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) ist eine Widerrufsbelehrung fehlerhaft, wenn der Darlehensvertrag keinen für Verbraucher “klaren und prägnanten” Hinweis auf den Beginn der Widerrufsfrist enthält (Urteil vom 26.3.2020, Az. C 66/19). Ein Kaskadenverweis, der auf nationale Vorschriften verweist, die wiederum auf andere Normen hinweisen, reicht nicht. Eine solche Verweisung führt dazu, dass der Verbraucher auch lange nach der eigentlich beabsichtigten Widerrufsfrist widerrufen kann (Widerrufsjoker) – ohne Strafzahlung und ohne Vorfälligkeitszinsen.

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Vorfälligkeitszinsen: Das sollten Sie wissen

Die Vorfälligkeitszinsen fallen an, wenn Sie einen Kredit vorzeitig kündigen.
Die Vorfälligkeitszinsen fallen an, wenn Sie einen Kredit vorzeitig kündigen.

Derzeit ist ein Darlehen oder ein Kredit zu sehr günstigen Konditionen zu bekommen. Das liegt besonders an den niedrigen Zinsen. Wer also über eine Baufinanzierung nachdenkt, könnte jetzt die Chance nutzen. Auch viele Personen, die gegenwärtig noch ein Darlehen oder einen Kredit abbezahlen, denken gerade über die Möglichkeit einer Umschuldung nach, um so Geld zu sparen.

Doch kündigt ein Kunde seinen Darlehensvertrag vorzeitig, dann fallen Vorfälligkeitszinsen an, die der Kunde begleichen muss. Besonders hoch fallen beispielsweise häufig die Vorfälligkeitszinsen bei einem Hausverkauf aus. Die gute Nachricht lautet allerdings: In gewissen Fällen können Sie die Zahlung der Vorfälligkeitszinsen umgehen.

Können Sie die Zahlung der Vorfälligkeitszinsen umgehen?

Um die Vorfälligkeitszinsen zu vermeiden, gibt es zwei Möglichkeiten. Die eine besteht darin, den Vertrag von einem Anwalt oder einer Verbraucherzentrale überprüfen zu lassen. Wurde der Vertrag zwischen November 2002 und Juni 2010 geschlossen, dann könnte es sein, dass er eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung enthält, die ein Widerrufen des Immobilienvertrages ohne eine Vorfälligkeitsentschädigung möglich macht.

Eine weitere Chance bieten die Vorfälligkeitszinsen bei einem Hausverkauf, denn hier kann mit dem Käufer ein Schuldnerwechsel vereinbart werden. Stimmt die Bank dem zu, so übernimmt der neue Besitzer der Immobilie das Immobiliendarlehen. Das bedeutet, dass der Vertrag nicht gekündigt werden muss, weil ein anderer Verbraucher den Vertrag übernimmt. Ob der Käufer dies jedoch tun möchte, obwohl er derzeit einen viel günstigeren Zinssatz bekäme, ist fragwürdig.

Als Kreditsicherheit für die Bank muss der Verkäufer letztlich sein Grundpfandrecht aus dem Grundbuch löschen lassen und stattdessen jene für den neuen Immobilienbesitzer darin eintragen lassen.

Gut zu wissen: Die Vorfälligkeitszinsen entfallen auch dann, wenn Sie von Ihrem Sonderkündigungsrecht gebrauch machen. Dieses steht Ihnen laut § 489 BGB zu, wenn zehn Jahre seit der vollständigen Auszahlung der Darlehenssumme vergangen sind.

Wie hoch sind die Vorfälligkeitszinsen?

Vorfälligkeitsentschädigung: Wie hoch diese ist, hängt unter anderem von der Restlaufzeit ab.
Vorfälligkeitsentschädigung: Wie hoch diese ist, hängt unter anderem von der Restlaufzeit ab.

Um sich einen Überblick über die etwaigen Vorfälligkeitszinsen zu verschaffen, können Sie diese einfache Rechnung durchführen. Diese Formel kann Ihnen jedoch nur zur Orientierung dienen. Die richtige Formel für die Vorfälligkeitszinsen erweist sich jedoch als wesentlich komplizierter.

Angenommen Frau Müller kündigt ihren Kredit und es bleibt eine Restschuld von 60.000 Euro. Für die Berechnung der Vorfälligkeitszinsen benötigt Frau Müller jedoch noch den Schadenszins.

Dieser beträgt in diesem Fall vier Prozent. Der aktuelle Zinssatz ist im Übrigen der Bundesbankstatistik zu entnehmen. Er wird von der Zentralbank festgelegt. Zu guter Letzt benötigt sie die Formel die Höhe der Restlaufzeit. Diese beträgt im Beispiel sechs Jahre.

Nun werden die Werte in die einfache Formel eingesetzt. Dabei muss darauf geachtet werden, dass die Schadenssumme in Dezimal anzugeben ist: also 0,04 anstatt 4 Prozent.

60.000 Euro x 0,04 Prozent x 6 Jahre = 14.400 Euro

Laut diesem Beispiel müsste der Kunde also 14.400 Euro Vorfälligkeitszinsen zahlen. Tatsächlich würden die Kosten jedoch geringer ausfallen, weil nach jeder Rate die Restschuld niedriger wird und sich dies auch auf den Betrag auswirkt, der sich durch die Zinsen ergibt. Daher ist diese Rechnung oben lediglich eine grobe Orientierung.

Genauere Angaben erhalten Sie, wenn Sie unseren Vorfälligkeitsentschädigungsrechner nutzen. Geben Sie die nötigen Werte ein, dann ermittelt der Rechner, wie hoch die Vorfälligkeitszinsen in Ihrem Fall ungefähr ausfallen könnten.

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Vorfälligkeitsentschädigung und Vorfälligkeitszinsen
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Über den Autor

Autor
Bernd V.

Bernd hat eine abgeschlossene Ausbildung als Einzelkaufmann und arbeitete mehrere Jahre im Elektrofachhandel. Anfang 2020 stieß er zum Team von vorfaelligkeitsentschaedigung.net und arbeitet seitdem für uns als Redakteur. Er schreibt vor allem übers Finanzrecht und gibt Ratschläge zu Darlehen und Kreditverträgen.

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